Gemeinsame Veranstaltung der Fachgruppe 7: Medienarchive und der Fachgruppe 8: Archive der Hochschulen sowie wissenschaftlicher Institutionen

Hochschularchive, Medienarchive, Nutzung, Nutzungsrechte

Am letzten Veranstaltungstag fanden sich auch am 85. Deutschen Archivtag die Fachgruppen 7 (Medienarchive) und 8 (Archive der Hochschulen sowie wissenschaftlicher Institutionen) zu einer gemeinschaftlichen Sitzung zusammen. Eingangs begrüßte die Vorsitzende der Fachgruppe 8 Dr. Sabine Happ (Münster) in Vertretung des kurzfristig erkrankten Dr. Jens Blecher (Leipzig) die anwesenden Teilnehmer.

Dr. Klaus Nippert (Karlsruhe) warb in seinem pointierten Beitrag „Die Schere zwischen dem Geschehen auf Archivtagen und der täglichen Praxis geht immer weiter auseinander. Gedanken zum Umgang mit dem Fortschritt im Archiv“ um Nachhaltigkeit bei der der Planung von Digitalisierung.

Nippert charakterisierte eingangs die Archivare in gewissem Sinne als Getriebene mit einem abgewandelten Zitat Henry David Thoreaus: „We do not ride on digitization, it rides upon us.“ (Original: „We do not ride on the railroad, it rides upon us“).

Grundsätzlich sei ein Spannungsverhältnis zwischen dem Archiv, das auf Dauerhaftigkeit angelegt sei und der (schnelllebigen) Digitalisierung zu erkennen. Gerade deswegen sei ein digitales Gesamtkonzept wichtig. Überblick und Augenmaß sollten gefragt bleiben, wichtig ist es dabei, auch kurze, mittlere und lange Prozesse im Blick zu behalten – denn nicht nur die Technik, sondern auch die Archivare und die Rahmenbedingungen der einzelnen Archive selbst können sich verändern und damit langfristigen Planungen im Weg stehen.

Nicole Graf (Zürich/Schweiz) ermöglichte einen Einblick in die Erfahrungen bei der Digitalisierung und der Online-Präsentation im Bildarchiv der ETH-Bibliothek Zürich anhand ihres Vortrages „Offene Schleusen – das massenhafte Digitalisieren von Bildern mit open access“.

Graf stellte die einzelnen Arbeitsschritte vor: Digitalisierung, dem (teilweise recht starken) nachträglichen Bearbeiten von Fotos, der Erschließung (mit Verschlagwortung: Genre, Verortung, Inhaltliches, „Autoritätsdaten“ wie Fotografen, Künstler und Dargestellte), dem Rechtemanagement (CC BY-SA 4.0, Public Domain, unbekannt/verwaist) und der Online-Dokumentation.

In der Diskussion wurde u.a. näher auf das Fotoarchiv der SwissAir eingegangen, bei dem mittels Crowdsourcing durch ehemalige Mitarbeiter erhebliche Verbesserungen bei den Titeln erzielt werden konnte. Den ehrenamtlich mitarbeitenden SwissAir-Pensionären wurden dazu in einem passwortgeschützten Bereich die Fotos zur Verfügung gestellt. Bei der Bewertung von Fotos stellte Graf grundsätzlich als wichtigste Kriterien die Anzahl der angezeigten Personen (so viele Personen wie möglich), die Bildschärfe und wenn möglich die Auswahl eines Hoch- und eines Querformats heraus. Von bedeutenden Persönlichkeiten werden darüber hinaus nicht nur Gruppenfotos übernommen. Größere Probleme habe es mit den im Internet präsentierten Fotos bisher nicht gegeben, lediglich in zwei Fällen habe es Beschwerden gegeben, worauf die Fotos dann aus dem Netz genommen wurden. Fotos von unbekannten Fotografen können nicht direkt, sondern nur auf Antrag heruntergeladen werden, Thumbnails werden aber auch von diesen Fotos grundsätzlich angezeigt.

Anschließend wies Karsten Kühnel (Bayreuth) auf den Workshop „Juristische Kollisionen bei der Archivnutzung? Urheberrecht und Nutzerverhalten im Wissenschaftsarchiv“ hin, der am 14. April 2016 an der Universität Bayreuth stattfinden wird. Der Workshop schließt an einen im Januar 2015 im Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin stattgefundenen Workshop an. Veranstaltet wird der Workshop vom Universitätsarchiv Bayreuth, der Forschungsstelle für Geistiges Eigentum, Gemeinfreiheit und Wettbewerbsrecht an der Universität Bayreuth und dem Archiv der Max-Planck-Gesellschaft.

Den Abschluss bildete der Vortrag von Jörg Wehling und Michael Risse (Potsdam-Babelsberg) mit der Vorstellung des Projektes dwerft, das neue Technologien für Filmbefundung und Digitalisierung entwickelt.

Als Problem wurde erkannt, dass Filme in vielen Archiven vorhanden sind, das technische Know-How und die Ausstattung für eine Bewertung aber oftmals nicht vorhanden ist. In vielen Fällen ist auch nicht bekannt, was konkret auf den Filmen zu sehen ist. Beides führt dazu, dass eine Kostenkalkulation für eine Digitalisierung nur schwer möglich ist und in Folge dessen wiederum wertvolle Filme verloren gehen.

Die Lösung für dieses Problem: Entwickelt werden soll ein semiautomatisches Befundssystem für Filmmaterialien, das sich mobil von Archiv zu Archiv transportieren lässt, um ohne große Vorbereitung den Zustand von Filmen zu erfassen. Das Gerät soll einerseits in der Lage sein, einen Befundungsbericht nach Durchlauf des Filmes zusammenzustellen, darüber hinaus auch Videofiles erstellen und materialbezogene Verfahrensempfehlungen für die Digitalisierung bieten können. Es wurde bereits ein Entwickler für den „Befundungstisch“ gefunden, ein Prototyp soll 2017 fertigstellt sein. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Im Anschluss an die wissenschaftlichen Vorträge wies Dr. Veit Scheller (Vorsitzender der Fachgruppe 7, Mainz) darauf hin, dass der Vorstand der Fachgruppe 7 einen neuen Text zum Selbstverständnis der Fachgruppe entworfen hat. Der Text ist hier einsehbar und kann diskutiert werden. Der fertige Text soll auf die Homepage des VdA übernommen werden.

Abschließend gedachten die Teilnehmer der Fachgruppensitzung dem am 21. September 2015 verstorbenen ehemaligen Direktor des Universitätsarchivs Heidelberg, Prof. Dr. Werner Moritz, mit einem kurzen Rückblick auf seine Vita (vorgetragen von Dr. Ingo Runde, Heidelberg) und einer Schweigeminute.

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