Auswirkungen des OZG auf die Hochschularchive?
Ein Gastbeitrag von Dr. Anja Kürbis
Am 30. November 2022 fand ein vom Ministerium für Infrastruktur und Digitales des Landes Sachsen-Anhalt organisierter Online-Workshop zum Thema Register im Bildungsbereich statt. Neben Vertretern des besagten Ministeriums, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, dem Bundesverwaltungsamt, einiger Hochschulen und Campus-Management-Anbietern nahmen auch zwei Vertreter der Fachgruppe 8 (Anja Kürbis, Klaus Nippert) an diesem Workshop teil.
Onlinezugangsgesetz – etwa ein Thema für Archive?
Das im Jahr 2017 verabschiedete „Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen – Onlinezugangsgesetz (OZG)“ hat im Kern zwei Ziele: die Digitalisierung der Verwaltungsprozesse und -leistungen von der Kommune bis zum Bund und die Erleichterung des Online-Zugangs der Bürger zu diesen Verwaltungsleistungen durch Schaffung einer entsprechenden Infrastruktur. Funktionieren kann dies nur, wenn die Verwaltungen in Bund, Ländern und Kommunen ihre Leistungen vereinheitlichen und miteinander kommunizieren. Austausch und Einer-für-Alle (EfA) sind die Zauberworte, die dies möglichen machen sollen. Den für die Hochschulen relevanten Bereich der Bildung betreut federführend das oben genannte Ministerium in Sachsen-Anhalt für das gesamte Bundesgebiet.
Bereits im Oktober 2022 stellte Katrin Hauenschild, federführende Referentin der OZG-Umsetzung Bildungsjourney, in einer gemeinsamen Sitzung der AG Campus Records Management im VdA mit den Zentren für Kommunikationsverarbeitung in Forschung und Lehre (ZKI) den Stand des OZG-Umsetzung im Bereich Lebenslange Hochschule vor und lud uns Archivare an den mit unterschiedlichsten Stakeholdern besetzten Tisch zum Thema Bildungsregister.
Das OZG arbeitet mit einem Reifegradmodell, welches die Onlineverfügbarkeit von Verwaltungsleistungen misst. Ziel ist es, dass die „Leistungen einschließlich der relevanten Nachweise digital abgewickelt werden“ (Reifegrad 3) und im besten Falle alle relevanten Daten über ein zentrales Register abgerufen werden können, ohne dass Nutzer ihre Daten und Nachweise immer wieder einreichen müssen (Once Only = Reifegrad 4). Um dieses Once-Only-Prinzip umzusetzen, bedarf es der Register, die Daten zu verschiedenen Zwecken verwalten und als Schnittstelle für den Datenaustausch dienen. Im Bildungsbereich wären dies z.B. ein Bildungsverlaufsregister, welches v.a. der statistischen Auswertung anonymisierter Bildungsverläufe dient, ein Bildungseinrichtungsregister, welches selbige nachweist und zertifiziert, und schließlich ein Bildungsnachweisregister, welches Bildungsnachweise und -daten, Zertifikate etc. verwaltet. Benötigt ein Bürger diese Daten, z.B. um sich für ein Studium zu bewerben, kann die betreffende Hochschule mit vorliegender Zustimmung des Bürgers die Daten über dieses Register ziehen und verarbeiten. An die Qualität der in den Registern vorgehaltenen Daten werden entsprechend hohe Anforderungen gestellt: Mensch- und Maschinenlesbarkeit (Standardisierung), Authentizität, Integrität etc.
Die Register sind derzeit noch in der Konzeptionsphase. Es ist längst nicht klar, ob die Register zentral oder dezentral geführt werden. Für die Hochschularchive ergeben sich hier einige Fragen: Zuallererst natürlich die Frage nach der Provenienz – der Begriff „registerführende Stellen“ ist bereits in der Welt. Übernimmt das Register die Rolle eines großen Archivs oder ist es eher ein standardisierter Kanal, der die Anfragen bündelt und weitergibt. Wird es eine aggregierte Parallelüberlieferung sein oder können wir diese vernachlässigen? Welches Archiv ist dafür zuständig? Werden Hochschularchive künftig auch Datengeber für derartige Register sein? Welche Auswirkungen hat dies auf die Qualität der von uns archivierten Daten? Welche künftigen Nutzungszenarien sind hier denkbar?
Die Realisierung des OZG steht bekanntlich erst am Anfang und die Register stecken eher noch in den Kinderschuhen. Insofern ist es für uns sehr erfreulich, dass wir im Austausch mit dem federführenden Ministerium stehen und diesen Prozess zunächst begleiten. Dadurch wird es uns erstens möglich sein, den Zeitpunkt, an welchem wir uns aktiv einbringen müssen, zu erkennen und zweitens bei der Entwicklung von Standards und Strategien im Kontext der Digitalisierung jene Trends zu berücksichtigen. Der Nestor-Standard Studierendendaten ist ein wichtiger Schritt in diese Richtung.
Save the date: Auf der kommenden Frühjahrstagung unserer Fachgruppe 8 wird Frau Hauenschild im virtuellen Forum am 22. März 2023 dieses Thema einem breiteren Teilnehmerkreis vorstellen.