Bericht von der Frühjahrstagung der Fachgruppe 8

Ein Gastbeitrag von Teresa Haars

Vom 26. bis 28. März 2025 lud das Universitätsarchiv Göttingen in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek zur Frühjahrstagung der Fachgruppe 8 im VdA (Archive der Hochschulen sowie wissenschaftlicher Institutionen) ein und beging gleichzeitig sein 100-jähriges Bestehen.

Praktischer Auftakt zu aktuellen Methoden – HTR und MSI

Wie bereits 2023 in Magdeburg begann die Tagung mit einem vorgeschalteten Praxistag zu aktuellen Fachthemen. Im ersten Workshop stellte die künftige Goslarer Stadtarchivarin Dr. Sandra Funck die Webanwendung Transkribus vor, mit deren Hilfe KI-Modelle zur Erkennung von Textformaten und Handschriften trainiert werden können. Auf einer Grundlage von etwa 100 durch Menschen entzifferte und digital aufbereitete Seiten (oder etwa 15.000 Wörter) mit möglichst wenig verschiedenen Händen kann bereits sinnvoll ein KI-Modell trainiert werden, das weitere ähnliche Seiten mit recht guter Trefferquote volltexterfassen kann. Dabei werden parallel sowohl ein KI-Modell zur Formaterkennung als auch eines zur Texterkennung eingesetzt und trainiert.

Alternativ können breit aufgestellte Modelle wie „German Giant“ ausprobiert werden, die bereits durch große Kulturinstitutionen mit vielen verschiedenen Daten gefüttert wurden.

Mit derselben Technik arbeitet aktuell ein Projekt des Homöopathie-Archivs am Institut für Geschichte der Medizin in der Robert Bosch Gesellschaft für Medizinische Forschung, zu dem Dr. Marion Baschin informierte. Derzeit wird versucht, den Inhalt von Krankenjournalen der Praxis Samuel Hahnemann (1755–1843) automatisiert zu erfassen und im Metadatenstandard TEI bereitzustellen, um die Erforschung des Teilbestands zu erleichtern. Während immer mehr versierte Archivbenutzer*innen und -mitarbeiter*innen bereits Erfahrung mit KI-gestützter Transkription gemacht haben, gab Dr. Alexander J. Zawacki Einblicke in eine Technik, die bisher nur in größeren Digitalisierungszentren angewendet wird: das Multispectral imaging (MSI). Sie eignet sich für chemisch verunreinigte Schriftdokumente und Gemälde, z.B. nach unsachgemäßer Restaurierung oder zum Herausarbeiten überschriebener Texte einer älteren Zeitstufe bei Palimpsesten. Etwa 20-25 digitale Aufnahmen verschiedener Lichtspektren, häufig im Bereich Infrarot und Ultraviolett, werden dazu von einer Dokumentseite aufgenommen. Im entscheidenden Schritt des Processing werden die Aufnahmen in häufig stundenlanger Arbeit ausgewertet und nachbearbeitet. Bleiben die Materialbedingungen über mehrere Seiten gleich, kann die Verarbeitung über Batch processing automatisiert werden. Ganz sicher hätten sich vergangene Historiker:innen diese Technik für ihre Abschluss- und Qualifikationsarbeiten gewünscht, denn die Ergebnisse sind teilweise sehr beeindruckend. Neue Forschungsergebnisse im Bereich kaum noch lesbarer Quellen, insbesondere auf Pergament und Papier, sind zu erwarten.

Dr. Alexander J. Zawacki erläutert die Grundlagen des MSI (Foto: Teresa Haars)

Wozu Hochschulgeschichte?

Am zweiten Tag versammelten sich über 80 Teilnehmer*innen aus den Archiven von Stiftungen, Forschungszentren, Hochschulen und unabhängigen Archiven in der Paulinerkirche. Der beeindruckende Vortragssaal, der Teile des Altbestands der SUB Göttingen beherbergt, kombiniert ebenso wie das Vortragsprogramm historischen Charme und moderne Technik. Nach der Begrüßung durch Dr. Holger Bergwinkel, Prof. Dr. Inge Hanewinkel, Prof. Dr. Dr. h.c. Thomas Kaufmann und Fachgruppenvorsitzende Dr. Kristina Starkloff eröffnete der Göttinger Ordinarius Dr. Marian Füssel die Vorträge mit der geschichtstheoretischen Frage nach dem „Wozu?“ historischer Betrachtung. Ihr Kern sei der methodenunabhängige Wechsel zwischen der Untersuchung von Ist-Zuständen und Entwicklungslinien. So können auch vordergründig nicht logisch erklärbare Entwicklungen bei genauer (historischer) Betrachtung plausibel werden. Als Beispiel aus der Hochschulgeschichte führte er die zeitlich, örtlich und thematisch eng bei einander liegenden Gründungen der Universitäten Bochum (1962) und Dortmund (1968) an.

In Entscheidungen und Handlungen stellt sich Personen – u. a. in ihrem Zusammenschluss zu Universitäten – immerwährend die Frage: „Was erhalten, was erneuern?“ Die Gründe für die daraus folgenden Handlungen sieht Marian Füssel auf hauptsächlich sechs Bereichen der Hochschulgeschichtsschreibung methodenunabhängig greifbar werden:

  1. Der Wandel der Verfassung und Organisation von Universitäten
  2. Der Ort der Universität in der Gesellschaft
  3. Die Sozialgeschichte der Hochschulangehörigen, also der Lehrenden und Lernenden, Studenten:innen und Professoren:innen, aber auch sonstigen Universitätsbediensteten in Verwaltung und Infrastruktur vom Pedell bis zum Hausmeister
  4. Entwicklung der Praktiken von Lehre, Forschung und Zertifizierung von Wissen
  5. Die symbolische Repräsentation der Universitäten
  6. Die materielle Infrastruktur der Hochschulen

Steht ein Jubiläum des Trägers bevor und ist dazu geschichtswissenschaftliche Aufarbeitung gewünscht, sollte damit 6-7 Jahre vorher begonnen werden, lautet Prof. Füssels Empfehlung. Allerdings können in dieser Zeit stattfindende Rektoratswechsel nicht zu unterschätzende Erschwernisse für die Planungen darstellen.

Begrüßung durch VertreterInnen der Universität Göttingen und der Fachgruppe (Foto: Klarissa Kollatsch)

Forschungsdaten aus Archivquellen

Vier Vorträge beschäftigten sich mit der Erzeugung digitaler Forschungsdaten. So stellte Prof. Dr. Arnd Reitemeier das Projekt Catalogus Universitatis vor, das – hier liegen die Göttinger also sehr gut in der Zeit – bis zum 300. Universitätsjubiläum im Jahr 2037 abgeschlossen sein soll. Allerdings ist es das Ziel, nicht nur die Daten der Lehrenden, sondern auch der Lernenden zu erfassen. Zwischen 1734 und 1900 hatte die Universität Göttingen etwa 70.000 Studierende. Das Zielformat ist eine MyCore-Datenbank. Ergänzend dazu soll der durch die Zeiten skalierbare Plan der Hochschulgebäude mit Informationen aus Vorlesungsverzeichnissen angereichert werden.

Um das Dominikanerkloster und Gründungsgebäude der Universität Jena kreiste der Vortrag von Dr. Stefan Gerber. Im interdisziplinären Kollegienhof-Projekt werden insbesondere archäologische Objekte, z. B. aus den Professorenmausoleen, erfasst und erforscht.

Im 2023-2026 laufenden Projekt „Promath“ sammeln Tim Lork und Jacob Schneider an der Universität Wuppertal nicht nur die prosopographischen Daten bzw. Factoids zu Mathematikern aus der Wirkungszeit 1920 bis 1960, sondern haben eine Formel zur Quellengewichtung entwickelt, die den reliability value einer Information in der Datenbank bestimmt. Dabei wird jeder Quellenart ein numerischer Wert zugeordnet. Speist sich eine Information aus mehreren Quellen, fallen die numerisch nachgeordneten Quellen durch die Formel prozentual weniger ins Gewicht. Die Berechnung kann auch auf andere anhand unterschiedlich zuverlässiger Quellen erhobene Daten angewandt werden.

Bei den zahlreichen Veränderungen im Arbeitsalltag der Archiv- und Informationswissenschaften ist es nicht immer leicht, alle Möglichkeiten wahrzunehmen, zumal sich die Zusammenarbeit von Archiven auch international verstärkt. Francesco Gelati stellte die europäische Forschungsinfrastruktur DARIAH vor. Neben einem Repository und anderen Angeboten bietet die Unterseite SSHOP Informationen zu Tools für die Auswertung und Visualisierung geisteswissenschaftlicher Forschungsdaten sowie E-Learning-Angebote dazu über Moodle. Interessierte können sich bei der Jahrestagung am 17.-20.06.2025 in Göttingen über den neusten Stand informieren.

„Schaffen wir Möglichkeiten!“ (Hedwig Dohm) – für die öffentliche und interne Wahrnehmung von Archiven

Die Social-Media-Strategie des Archivs der deutschen Frauenbewegung ist kreativ. Wie dadurch nicht nur die Aufmerksamkeit für Frauengeschichte und eigene Veranstaltungen, sondern auch die Vernetzung mit anderen Stellen in Kultur und Politik gefördert wird, erläuterte Laura Schibbe. Das Stiftungsarchiv hat die Vermittlung als eine ihrer drei Kernaufgaben definiert, sodass der Öffentlichkeitsarbeit mehr Ressourcen zur Verfügung stehen als in anderen kleinen Archiven.

Eine gern genutzte Chance für mehr Sichtbarkeit bieten Jubiläen. Von den Vorbereitungen der Philipps-Universität Marburg für ihre 500-Jahrfeier berichtete Dr. Katharina Schaal und hob dabei Festberichte als unterschätzte Informationsquelle hervor.

Im Universitätsarchiv Göttingen selbst wird bereits seit 100 Jahren archiviert. Dr. Holger Berwinkel würdigte die einzelnen Phasen mit seinem quellenreichen Beitrag – von schwierigen Zeiten für die Archivalien im Karzer über die Mitbetreuung des Archivs durch den Universitätspräsidenten Norbert Kamp in den 1980ern bis hin zur regen Nutzung heute.

Ausstellung zur Geschichte des Göttinger Universitätsarchivs am Rande der Tagung (Foto: Teresa Haars)

Im kommenden Jahr 2026 wird die Frühjahrstagung der Fachgruppe im internationalen Rahmen in Prag stattfinden.

Wohltemperierte Kulturschätze auf 100 Regalkilometern

Im Bundesarchiv mit seinen 23 Standorten in ganz Deutschland werden mehr als 550 Regalkilometer Akten und Karteien des Bundes und seiner Vorgängerinstitutionen aufbewahrt, außerdem 67 Petabyte Daten, ständig kommt neues archivwürdiges Material hinzu. Beinahe 2.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern sich an allen Standorten um das gut klimatisierte kulturelle Gedächtnis. Mitarbeiter der VdA-Geschäftsstelle in Fulda konnten jetzt im Rahmen einer Führung einen Blick hinter die Kulissen des größten Standorts in Berlin-Lichterfelde werfen.

Am Standort war früher die zentrale Kadettenanstalt der Preußischen Armee.

In der weitläufigen ehemaligen Preußischen Kadettenanstalt lebten einst mehr als 1.000 Kadetten, heute werden in einem zweckmäßigen Magazingebäude rund 100 Regalkilometer Akten und Karteien aufbewahrt. Im zentralen Benutzungszentrum können Interessierte zudem an Unterlagen der Abteilungen DR (Deutsches Reich) und DDR einschließlich SAPMO (Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR) forschen und auch Filme benutzen. 

Im Foyer empfingen mit der wissenschaftlichen Archivarin Dr. Maria von Loewenich, der Leiterin der Abteilung Deutsches Reich Anette Meiburg sowie der Referentin im Grundsatzbereich Dr. Angela Abmeier gleich drei Expertinnen, um die Besonderheiten der historischen Liegenschaft inklusive der anspruchsvollen Baumaßnahmen zur Realisierung komplexer technischer Anlagen zum Schutz des Archivguts zu erläutern. Die grundsätzliche Aufgabe der dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien unterstellten Bundesoberbehörde ist leicht umrissen:

Von links: Thilo Bauer (VdA), Anette Meiburg (Bundesarchiv), Dr. Maria von Loewenich (Bundesarchiv), Hermann-Josef Klüber (VdA), Dr. Angela Abmeier (Bundesarchiv) und Marius Auth (VdA).

Öffentliche Stellen des Bundes haben dem Bundesarchiv nach dem Bundesarchivgesetz ihre Unterlagen anzubieten, wenn sie diese für die Erfüllung ihrer Aufgaben nicht länger benötigen oder ihnen die weitere Aufbewahrung nicht gestattet ist. Das Bundesarchiv entscheidet dann über die Archivwürdigkeit – und obwohl im Schnitt nur zehn Prozent der angebotenen Unterlagen sich als archivwürdig erweisen, entstehen über die Jahrzehnte riesige Mengen. Die erfreuen nicht nur Archivare und Archivarinnen, sondern auch geschichtsinteressierte Bürgerinnen und Bürger: In den Lesesälen können Archivalien studiert werden, Digitalisate viel genutzter Archivalien sind ebenso online verfügbar.

Hermann-Josef Klüber von der VdA-Geschäftsstelle mit Archivarin Dr. Maria von Loewenich

Während die Unterlagen traditionell in analoger Form in den Dienststellen des Bundesarchivs aufgelaufen sind, werden heute zunehmend genuin digitale Datensätze angeboten, die ebenso streng bewertet werden, bevor sie den Bestand des Bundesarchivs ergänzen. Der Grundsatz der Bewertung bleibt gleich: Wesentliche Entscheidungen müssen ihren Niederschlag in den Akten finden, um diese archivwürdig zu machen. So werden zukünftige Generationen befähigt, wesentliche Merkmale und Zusammenhänge der heutigen, aber auch vergangener Gesellschaften nachzuvollziehen.

„Preservation today“, Konferenz im Bundesarchiv Berlin

ein Gastbeitrag von Dr. Ragna Boden

Die Videos der Vorträge und der Podiumsdiskussion zur internationalen Konferenz „Preservation Today“, ausgerichtet vom Bundesarchiv in Berlin am 28.-29. Juni 2023, stehen nun online: https://www.youtube.com/playlist?list=PLQkRCG8jNgld_ysk9Fb7OOoXv4zfxIRWt .

Weitere Informationen, Abstracts und Präsentationen stehen hier: https://www.bundesarchiv.de/DE/Content/Meldungen/2023-06-29-rueckblick-internationale-archivkonferenz.html. Die Fachzeitschrift Forum 2023 des Bundesarchivs, die um die Jahreswende auch online erscheint, wird die verschriftlichten Vorträge und weitere Beiträge zu diesen Themen enthalten.

POSITIONSPAPIER „KRITIS & KULTUR“

FÜR EINE STÄRKUNG DES TEILSEKTORS „KULTUR“ IM DACHGESETZ KRITIS

ein Gastbeitrag von Blue Shield Deutschland

Mit der Initiative für ein Dachgesetz KRITIS, die im
Dezember 2022 durch Bundesinnenministerin
Nancy Faeser verkündet wurde, will die
Bundesregierung „eine bundesgesetzliche
Regelung zum physischen Schutz Kritischer
Infrastruktur“ schaffen. Es ist vorgesehen, die
Kritischen Infrastrukturen (KRITIS), auf die sich
das Gesetz beziehen soll, zu identifizieren. Laut
dem zugehörigen Eckpunktepapier „wird auch
der KRITIS-Sektor „Kultur und Medien“
angemessen einbezogen.“
Dieser Zielsetzung wird der vorliegende
Referentenentwurf vom 28.07.2023 aus Sicht von
Blue Shield Deutschland nicht gerecht. Der
KRITIS-Sektor „Medien und Kultur“ wird lediglich
in § 5 Absatz 2 in einer Aufzählung mit anderen
„Bereichen“ aufgeführt bzw. wird nicht
unterschieden zwischen der Einstufung als
KRITIS-Sektor und den anderen Bereichen. In der
Begründung zu § 5 Absatz 2 werden die weiteren
Einrichtungen, die in Deutschland „für Wirtschaft
und Gesellschaft wichtig und schützenswert“
sind, wie z. B. die Kulturgut bewahrenden
Einrichtungen des Teilsektors „Kultur“, nicht
erwähnt. Die Erläuterungen im 1. Absatz der
Begründung zu § 5 Absatz 2 stehen in keinem
inhaltlichem Zusammenhang mit dem Teilsektor
„Kultur“ und die Erläuterungen im 2. Absatz
wiederholen lediglich den Gesetzestext in § 5
Absatz 2.
Nach unserer Einschätzung kann hierdurch der
Eindruck entstehen, dass der Teilsektor „Kultur“
kein vollwertiger Bestandteil der Kritischen
Infrastrukturen in Deutschland ist, eine
problematische Entwicklung für die Kulturgut
bewahrenden Einrichtungen.

Wir betonen, dass Kulturgut und Kulturgut
bewahrende Einrichtungen Bestandteil der KRITIS
sind. Die Beschädigung, Zerstörung und der
Verlust von Kulturgut haben dramatische Folgen
für das Funktionieren einer modernen
Gesellschaft, auch wenn ihr Ausfall keine
unmittelbare Auswirkung auf „Leib und Leben“
der Bevölkerung hätte. Sie sind zu schützen,

• weil „aufgrund ihrer kulturellen und
identitätsstiftenden Bedeutung ihre
Zerstörung eine Gesellschaft emotional
erschüttern und psychologisch nachhaltig
aus dem Gleichgewicht bringen kann“

• weil Kulturgut das kulturelle, kollektive
Gedächtnis von Gemeinschaften bildet und
Kulturgut bewahrende Einrichtungen den
Zugang zu historischen Informationen für
eine mündige, demokratische Gesellschaft
sichern

• weil Kulturgut zu den kulturellen und
materiellen Vermögenswerten Deutschlands
gehört, und daher vor Zerstörung,
Beschädigung oder Verlust zu schützen ist.

Neben diesen allgemeinen Funktionen
unterstützen die verschiedenen Arten von
Kulturgut und Kulturgut bewahrenden
Einrichtungen unser Gemeinwesen durch ihre
spezifischen Aufträge.
• Die dauerhafte Absicherung von Unterlagen
mit bleibendem Wert ist eine gesetzliche
Pflichtaufgabe eines Archivs: Diese Aufgabe
gewährleistet Rechtssicherheit und hält die
Dokumentation der „Kontinuität in Recht,
Verwaltung und Politik“ aufrecht. Somit
schaffen Archive die Grundlagen einer
beweissicheren Rechtsprechung für die
Regierung und Verwaltung, der Sicherung
berechtigter Belange betroffener Personen
und Institutionen und weiterhin auch einer
quellengestützten historischen Forschung
über die Entstehung und Entwicklung
unseres Landes und lokaler Gemeinschaften.


• Bibliotheken bewahren weite Teile des
schriftlichen und gedruckten Kulturerbes
Deutschlands. Sie garantieren zudem
rechtlich gesicherte Zugänge zu
Informationen und unterstützen so die
Handlungsfähigkeit der deutschen Wissenschaft, Wirtschaft und Bildung in Krisenzeiten. Bedeutende historische Bestände
und über Jahrhunderte tradierte Pflichtexemplarrechte bilden den Grundstein zur
Sicherung der Wissensbestände der
Vergangenheit und der Zugänglichkeit des
Wissens in der Gegenwart.


• Museen sammeln und bewahren die
materielle Überlieferung von Kultur und
Natur, sie dokumentieren darüber hinaus
das immaterielle Kulturerbe. Damit liefern
sie die unverzichtbare Grundlage für die
Erforschung der Vergangenheit und zur
Gewinnung von Einsichten in zukünftige
Entwicklungen. Wegen seiner grundsätzlichen Bedeutung sind beispielsweise im
deutschen Kulturgutschutzgesetz alle Sammlungsobjekte öffentlich finanzierter
Kulturgut bewahrender Einrichtungen als
„nationales Kulturgut“ vor Verlust durch
unrechtmäßige Verbringung aus
Deutschland geschützt.


• Unser denkmalgeschütztes Kulturgut
begründet als Zeugnis menschlichen
Wissens und Könnens unser gemeinsames
kulturelles Erbe. Es verkörpert Traditionen,
Werte und Selbstverständnis unserer
Gesellschaft; in Gestalt von Bau- und
Bodendenkmalen vermittelt es als historisch
gewordene, vertraute Umwelt Halt in Zeiten
des rasanten Wandels. Unser kulturelles
Erbe ist somit von existentieller Bedeutung
für unsere Gesellschaft und Teil der KRITIS

Obwohl diese Funktionen für die jeweiligen
Sparten weithin anerkannt und kommuniziert
sind, haben sie bisher unzureichenden Eingang in
die öffentliche Planung für das Krisenmanagement gefunden.
Blue Shield Deutschland ist sich bewusst, dass
nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland die Länder für die Kultur und damit
auch für Kulturgüter und die Kulturgut
bewahrenden Einrichtungen zuständig sind, der
Bund dagegen nur über sehr eingeschränkte
Kompetenzen in diesem Bereich verfügt. Dies
begrenzt die Regelungen, die das Dachgesetz
KRITIS für den Teilsektor Kultur treffen kann.
Gleichzeitig wird das Dachgesetz aufgrund seines
grundlegenden Charakters die Wahrnehmung
darüber prägen, welche Sektoren für unser
Gemeinwesen entscheidend sind.
Da der Referentenentwurf bisher auf eine
grundsätzliche Listung aller kritischen Sektoren
verzichtet, kann der Eindruck entstehen, dass
der Sektor „Kultur und Medien“ nicht mehr Teil
der KRITIS ist. Um diese negative Entwicklung zu
vermeiden, empfehlen wir die Einfügung einer
solchen Aufzählung, für den Teilsektor „Kultur“
natürlich verbunden mit dem Hinweis auf die
Zuständigkeit der Länder, wie in § 5 Absatz 2 des
Referentenentwurfs angelegt.

Weiterhin sehen wir einen deutlichen
Nachbesserungsbedarf bei der Begründung zu
§ 5 Absatz 2. Diese sollte den Teilsektor Kultur
sowie die Schutzwürdigkeit von Kulturgütern
und Kulturgut bewahrende Einrichtungen
explizit erwähnen und deren Bedeutung für das
Gemeinwesen aufbauend auf dem bestehenden
Einvernehmen zwischen Bund und Ländern im
Rahmen der KRITIS-Strategie feststellen.

Neben der oben ausgeführten Bedeutung von
Kulturgütern und Kulturgut bewahrenden
Einrichtungen begründen wir diese beiden
Änderungsvorschläge mit folgenden Punkten:


• Auf Bundesebene gibt es Kulturgut
bewahrende Einrichtungen, für die eine
Zugehörigkeit zur KRITIS geprüft werden
sollte. Hierzu gehören u. a. das
Bundesarchiv, Bibliotheken und Museen in
Trägerschaft des Bundes (darunter das
Deutsche Historische Museum, das Haus der
Geschichte der Bundesrepublik Deutschland,
die Deutsche Nationalbibliothek, die
Bibliothek des deutschen Bundestages) und
der Zentrale Bergungsort im Oberrieder
Barbarastollen.


• Die Länder sollten stärker ermutigt werden,
eigene Regelungen – bestenfalls in einem
miteinander abgestimmten Vorgehen – zu
treffen. Dies könnte z. B. im Rahmen der
Brand- und Katastrophenschutzgesetze
erfolgen.


• Es sollte angeregt werden, die teils
veralteten Listen der Kulturgüter, die unter
dem Schutz der „Haager Konvention zum
Schutz von Kulturgut bei bewaffneten
Konflikten“ (1954) stehen, zu überprüfen
und etwaige Schutzmaßnahmen im Kontext
des Dachgesetzes KRITIS neu zu bewerten.


• Es gibt zahlreiche Anlagen der KRITIS, die
nach den Denkmalschutzgesetzen der
Länder als Denkmäler gelistet sind. Es sollte
ein fachlicher Austausch angeregt werden,
um Synergien zwischen KRITIS und
Denkmalschutz zu stärken und potentielle
Konflikte zu vermeiden.

Durch die Berücksichtigung unserer Änderungsempfehlungen sichert das Dachgesetz KRITIS den
gegenwärtigen Stand des Kulturgutschutzes im
Rahmen der kritischen Infrastrukturen.

Blue Shield Deutschland
Dieses Positionspapier wurde durch den Vorstand
des Deutschen Nationalkomitee Blue Shield (Blue
Shield Deutschland) e.V. entwickelt. Blue Shield
Deutschland setzt sich auf nationaler und
internationaler Ebene für den Schutz von
Kulturgut gemäß der Konvention zum Schutz von
Kulturgut bei bewaffneten Konflikten vom 14.
Mai 1954 (Haager Konvention) ein. Darüber
hinaus setzen wir uns für regionalen, nationalen
und internationalen Kulturgutschutz ein und
stärken dessen Reaktionsfähigkeit in Krisen- und
Friedenszeiten. Hierfür vernetzen wir Akteure aus
den Bereichen des Kulturerbes und des Krisenund Notfallmanagements.
Diese Ziele verfolgen wir zusammen mit unseren
sechs konstituierenden Mitgliedern und ihren
weit über 12.000 Mitgliedern: dem Verband
deutscher Archivarinnen und Archivare e.V.
(VdA), dem Deutschen Bibliotheksverband (dbv),
der Deutschen Gesellschaft für Kulturgutschutz
(DGKS), dem Deutschen Nationalkomitee des
Internationalen Museumsrates ICOM, dem
Deutschen Nationalkomitee von ICOMOS und der
Deutschen UNESCO- Kommission.

Archive in Niedersachsen und der Nationalsozialismus – Kontinuitäten und Brüche, Tagung im Niedersächsischen Landesarchiv

Das Niedersächsische Landesarchiv richtet vom 5.-7. Oktober in Hannover in Kooperation mit der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen und dem Verband niedersächsischer Archivarinnen und Archivare eine wissenschaftliche Tagung aus.

Wie sich die Diktatur des NS-Staates, die NS-Rassenideologie und die Gleichschaltung von Politik und Gesellschaft sowie der Zweite Weltkrieg auf Archive in Niedersachsen, ihr Personal und die Wahrnehmung der Aufgaben auswirkten, ist derzeit nur in Ansätzen erkennbar. Die Tagung greift dieses Desiderat auf und richtet ihr Augenmerk auf Kontinuitäten und Brüche im staatlichen, kommunalen und kirchlichen Archivwesen dieser Region. Besondere Aufmerksamkeit verdienen dabei die Entwicklungen in den bis 1946 selbstständigen Ländern Braunschweig, Oldenburg und Schaumburg-Lippe sowie der preußischen Provinz Hannover.

Um die Auswirkungen der politischen Zäsuren von 1933 und 1945 zu begreifen, wird der Blick über die engere Zeit des Nationalsozialismus geweitet. In drei Sektionen untersuchen Historiker*innen und Archivar*innen institutionelle Entwicklungen im Archivwesen von der Weimarer Republik bis in die 1960er/70er Jahre. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der archivischen Praxis und der Frage, wie sich die Auswahl, Erschließung, Benutzung und Erhaltung von Archivgut sowie die historische Forschung durch die politischen Rahmenbedingungen veränderten und in wieweit die Archive zu Herrschaftsinstrumenten des NS-Regimes wurden. In personeller Hinsicht wird gefragt, ob sich Archivare bruchlos in den Dienst des nationalsozialistischen Herrschaftssystems stellten bzw. welche Handlungsspielräume sie hatten und wie sie diese nutzen. Schließlich wird es auch darum gehen, wie individuelle Lebenswege in der Nachkriegszeit verliefen.

Das Programm finden Sie auf der Homepage des Nds. Landesarchivs.

Anmeldung

Die Teilnahme ist kostenfrei. Wegen der begrenzten Anzahl an Sitzplätzen bitten wir bis zum 25. September 2023 um Anmeldung unter archivgeschichte@nla.niedersachsen.de.

Unterkunft

Für die Tagungsteilnehmer ist bis zum 7. September 2023 ein Zimmerkontingent reserviert, das auf der folgenden Website abgerufen werden kann: www.visit-hannover.com/archive.

Tagungsort

Niedersächsisches Landesarchiv
Am Archiv 1
30169 Hannover

nestor-Archivstandard „Archivierung von Studierendendaten aus Fachverfahren“ veröffentlicht

Der Archivstandard „Archivierung von Studierendendaten aus Fachverfahren” nestor-materialien 25 definiert die Überlieferungsbildung aus den an Hochschulen zur Verwaltung der Studierenden eingesetzten datenbankbasierten Fachverfahren. Enthalten sind Richtlinien zur Gestaltung des Übergabeprozesses wie auch zur Strukturierung der der übernommenen Daten für die Archivierung. Optional in die Überlieferungsbildung zu integrierten Dokumenten wird ein Ort in der Ablagestruktur zugewiesen. Ein als Anhang beigefügter Bewertungskatalog benennt die als archivwürdig angesehenen Inhalte der Fachverfahren. Eine Ausprägung der zu übernehmenden Daten in XML wird in einem anhängenden Muster demonstriert. Ebenfalls beigefügt ist das Muster einer XML Schema Definition.

Ansprechpartner:
Dr. Klaus Nippert
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
KIT-Archiv – Wissenschaftlicher Leiter
E-Mail: Klaus.Nippert@kit.edu

Internationale Archivwoche 2023

Vom 5. bis 9. Juni 2023 findet zum fünften mal die Internationale Archivwoche (#IAW2023) statt. Organisiert wird die IAW durch den Internationalen Archivrat (ICA), der in diesem Jahr sein 75jähriges Bestehen feiert.

Die für diese Woche geplanten Aktivitäten zielen darauf ab, unterschiedliche Stimmen zum Nachdenken über die Geschichte der ICA zu gewinnen,  Diskussionen über ihre Zukunft und Vision zu eröffnen und anzuregen und im Geiste der Zusammenarbeit die Erfolge und Beiträge derjenigen zu feiern, die zum Aufbau des vielfältigen internationalen beruflichen Netzwerks beigetragen haben. 

In diesem Jahr besteht das Webinarprogramm aus fünf Hauptsitzungen , die verschiedene Diskussionsthemen behandeln. Am ersten Tag der Woche eröffnet das ICA die Internationale Archivwoche mit einem speziellen Webinar über die Auswirkungen gesellschaftlicher Veränderungen auf die Archivarbeit . Bei dieser Veranstaltung handelt es sich um ein virtuelles Gespräch mit den gewählten Amtsträgern des ICA darüber, wie Archivinstitutionen, wie viele andere Kulturorganisationen auch, ihre Arbeitsweise verändern. 

Am zweiten Tag wird die Sektion für Menschenrechte und Archive ein virtuelles Panel veranstalten, bei dem vier geladene Gäste, darunter der ICA-Präsident, diskutieren werden, wie sich die Verbindung zwischen Menschenrechten und Archiven in den letzten 20 Jahren seit ihrer Gründung entwickelt hat Fachabteilung des ICA . 

Am dritten Tag veranstalten die ICA-Fachsektionen eine Präsentationssitzung für alle afrikanischen Kollegen, um ihnen vorzustellen, wie sie sich in diesen ICA-Gruppen engagieren können. Der Tag endet mit der Vereinigung lateinamerikanischer Archivare (ALA) , die anlässlich ihres 50-jährigen Jubiläums ein Webinar in Zusammenarbeit mit der Fachwelt in der Region veranstalten wird. 

Am vierten Tag schließlich veranstalten die Active New Professionals 2023 einen virtuellen Vortrag, bei dem sie ihr Projekt vor dem Kongress in Abu Dhabi den Berufseinsteigern und Berufseinsteigern vorstellen.   

Diese Sitzungen sind kostenlos und für alle offen. Melden Sie sich also unbedingt an! 

Für weitere Informationen zu #IAW2023 oder #ArchivesUnited kontaktieren Sie das ICA direkt unter communications@ica.org.

Bericht von der Frühjahrstagung der Fachgruppe 8 „Neue Wege der Öffentlichkeitsarbeit“ in Magdeburg

Ein Gastbeitrag von Dr. Anja Kürbis

Foto: Jana Dünnhaupt

Vom 23. bis zum 24. März 2023 fand in der anhaltinischen Landeshauptstadt Magdeburg die Frühjahrstagung der Fachgruppe 8 im VdA statt. Gastgeber für ca. 80 Teilnehmer:innen war das Universitätsarchiv Magdeburg der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg.

Auf Wunsch der Teilnehmer*innen, startete die Frühjahrstagung bereits einen Tag zuvor mit virtuellen Foren. Schwerpunkte bildeten aktuelle Fragestellung. So informierte Klaus Nippert (KIT-Archiv Karlsruhe) über den aktuellen Stand der Arbeiten am Nestor-Standard Studierendendaten. Lisa Witowsky (Universitätsarchiv Bayreuth) stellte die von ihr erarbeitete Richtlinie zur Aussonderung von Personalakten an der Universität Bayreuth zur Diskussion. Katrin Hauenschild (MID Sachsen-Anhalt) gab einen Einblick in die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes im Hochschulbereich. Auf großes Interesse stieß das Forum „Verbünde zur Digitalen Archivierung. Aufbau, Stand und Perspektiven“. Vertreter der Hochschularchive Bayerns (Andreas Becker), Baden-Württembergs (Regina Keyler), Hessens (Joachim Hendel) und Nordrhein-Westfalens (Hendrik Friggemann) berichteten in kurzen Vorträgen über ihre Verbünde. Deutlich wurde, dass im Hinblick auf Struktur und Herangehensweise unabhängig von der eingesetzten Software (außer NRW setzten alle die Softwarelösungen von DIMAG ein) alle Verbundlösung individuelle Merkmale aufweisen. Alle vier Referenten empfahlen nachdrücklich, sich rechtzeitig mit den Entscheidungsträgern über die Finanzierung der Elektronischen Archivierung in Verbindung zu setzen.

Die Eröffnung der Tagung in Präsenz erfolgte durch die freundlichen Grußworte der stellvertretenden Kanzlerin der Otto von Guericke-Universität und des gastgebenden Archivs. Den Eröffnungsvortrag hielt Robin Mishra, Direktor Kommunikation beim Bundesarchiv. Er gab einen Überblich über verschiedene Bereiche der Öffentlichkeitsarbeit seiner Einrichtung. Das Ziel, ein öffentliches Bewusstsein für die Arbeit des Bundesarchivs zu schaffen, manifestiert sich in einer enormen Bandbreite von Vermittlungswegen. Die Diskussion entzündete sich im Anschluss u.a. an den von Robin Mishra benannten Ankerpunkten der Öffentlichkeitsarbeit und der Frage der politischen Neutralität von Archiven.

Dr. Robin Mishra (Bundesarchiv), Foto: Jana Dünnhaupt

Andreas Becker (Universitätsarchiv Regensburg) stellte seinem Referat zum Thema „Archive ohne Lobby“ seine Anfrage an Chat-GPT über Archive voran. Indem er auf die Divergenz der Bedeutung des Worts „Lobbyismus“ von Archiven und ihrer öffentlichen Wahrnehmung verwies, stellte Becker die Frage nach der Zukunft der Archive: Jede Gesellschaft müsse den Wert ihrer Kultur/ihres Kulturgutes neu verhandeln. Archive müssten somit die Gesellschaft von der Bedeutung des von ihnen verwahrten Kulturgutes überzeugen. In der Diskussion wurde der Vorschlag Beckers, auf der Basis von Kennzahlen im Gespräch mit den Archivträgern zu bleiben, aufgenommen und angeregt, einheitliche statistische Daten für die Hochschularchive zu erheben.

Die sich anschließenden Impulsreferate gaben einen Einblick in ausgewählte Initiativen archivischer Öffentlichkeitsarbeit. Während Sandra Schleinitz (Universitätsarchiv Magdeburg) von der Konzipierung und Umsetzung der Internetpräsentation des Magdeburger Universitätsarchivs berichtete, stellte Stefan George (Universitätsarchiv Mainz) das Twitter Projekt zum Hochschuljubiläum vor, welches in enger Zusammenarbeit mit den Mainzer Historikern durchgeführt wurde. Trotz des nicht zu unterschätzenden Aufwandes sei das Projekt als erfolgreich zu bewerten, da es mit den historischen Themen auch das Archiv in den Fokus der universitären Öffentlichkeit rückte. Über den gemeinsamen virtuellen Tag der Archive der Universitätsarchive Chemnitz, Dresden und Leipzig berichtete Judith Matzke (Universitätsarchiv Dresden). Obwohl das Angebot auf eine sehr geringe Resonanz stieß, erwies sich letzten Endes die Initiative zumindest für das Dresdener Archiv erfolgreich, welches auf diese Weise einen Praktikanten für das Archiv rekrutieren konnte. Damit war der Aspekt der Öffentlichkeitsarbeit als Mittel der Fachkräftegewinnung bereits benannt.

Die Postersession und die anschließende Diskussion widmeten sich dem Thema des „idealen Lesesaals“. Ein Ergebnis war, dass das Format kaum für das Entwickeln von Utopien genutzt wurde, sondern nur minimale Verbesserungsvorschläge der bestehenden Lesesäle vorgebracht wurden.

Den ersten Tagungstag beendete der informative und sehr unterhaltsame Vortrag von Frank Hadler (Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa) mit dem Titel „Ohne Quellen geht’s nicht … 40 Jahre Archiverfahrung zwischen Brno, New York und Leipzig“. Der Historiker erzählte von seinen Archivaufenthalten vor und nach dem politischen Umbruch unter Fokussierung auf seine Erfahrungen mit Archivar:innen und ihren Rollen gegenüber wissbegierigen Nutzern. Hadler sprach der archivarischen Zunft seine Anerkennung aus und appellierte an die Archivträger, die Archive mit Personal zu besetzen, welches über das erforderliche Expertenwissen verfügt.

Der zweite Tag begann mit der Fachgruppensitzung und der aktuellen Stunde. Die beiden Vorsitzenden der Fachgruppe 8, Kristina Starkloff (Archiv der Max-Planck-Gesellschaft Berlin) und Anja Kürbis (Universitätsarchiv Ilmenau) informierten v.a. über anstehende Termine, den Relaunch der VdA-Webpräsenz und damit auch der Webpräsenz der Fachgruppe. Im Anschluss berichteten Klaus Nippert (KIT-Archiv Karlsruhe) vom Stand der Arbeiten am Nestor-Standard Studierendendaten und Frau Elisabeth Klindworth (Archiv der Max-Planck-Gesellschaft Berlin) über den KLA-Workshop „Think DIP – Access zu digitalem Archivgut“, Jürgen Bacia (afas) über den Stand und die Perspektive des Archivs für alternatives Schrifttum (Duisburg) und Anja Kürbis (Universitätsarchiv Ilmenau) über die Aktivitäten der AG Campus Records Management.

Die Tagung endete mit einer Podiumsdiskussion, die sich der Frage: „Archiv kann jeder?“ und dem derzeit in allen Archivsparten diskutierten Problem des Fachkräftemangels widmete. Unter der Moderation von Sabine Happ (Universitätsarchiv Münster) diskutierten Katharina Tiemann (LWL-Archivamt), Sandra Schleinitz (Universitätsarchiv Magdeburg) und Hendrik Friggemann (Universitätsarchiv Duisburg-Essen) über die mit dem Fachkräftemangel einhergehenden Probleme, mögliche Perspektiven und Lösungswege. Katarina Tiemann betonte die Notwendigkeit, ein „qualifiziertes Aus- und Weiterbildungsprogramm für das deutsche Archivwesen“ mithilfe von Modularisierungen einzurichten. Hendrik Friggemann erklärte, dass die Attraktivität der Stelle und des Berufes sichtbarer gemacht werden sollte. Grundsätzlich würden in den Archiven verstärkt Quereinsteiger zum Einsatz kommen, worauf sich die Archivcommunity z.B. durch Weiterqualifikationsmöglichkeiten vorbereiten müsste, indem sie z.B. durch das Angebot, die fehlende Qualifikation nachzuholen.

Das Rahmenprogramm, bestehend aus einer Führung durch das Universitätsarchiv Magdeburg und eine Stadtführung, rundeten die Fachtagung ab.

Die Tagung war hervorragend organisiert durch das kleine und äußerst engagierte Team des Magdeburger Universitätsarchivs unter der Leitung von Carmen Schäfer. Ihr, ihrer Mitarbeiterin Sandra Schleinitz sowie der Otto-von-Guericke-Universität gilt unser herzlicher Dank! Ebenso gedankt sei Stefan Luther (Universitätsarchiv Chemnitz), der erneut für die Onlinepublikation der Vortragsfolien und/oder Referate auf dem Publikationsserver der Universität Chemnitz verantwortlich zeichnet. Der Link wird auf der Webpräsentation der Fachgruppe veröffentlicht.

Als Autorin dieses Tagungsberichtes sei mir noch ein persönliches Wort erlaubt: Die Magdeburger Frühjahrstagung zeigte einmal mehr, wie engagiert und aktiv die Community der Archivar*innen der Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen ist. Es war mir eine Freude, Mitglied dieser Fachgruppe sein, gemeinsam mit den Kolleg*innen an fachlichen Themen zu arbeiten und als Ko-Vorsitzende die Geschicke dieser Fachgruppe lenken zu dürfen. Ich wünsche der Fachgruppe und ihren Mitgliedern alles Gute!

#hochschularchive

Foto: Jana Dünnhaupt

Aktueller Hilferuf: Museen an der Frontlinie akut bedroht! Helfen Sie uns, Kulturgut in der Ostukraine zu retten!

Ein Gastbeitrag von Blue Shield Deutschland

Stündliche Luftangriffssirenen, eine ständige Bedrohung des Lebens durch Beschuss – das ist die Lage im Osten der Ukraine. Zehntausende Menschenleben hat der Krieg bisher gefordert, Wohngebäude, Schulen, Krankenhäusern und weite Teile der Infrastruktur sind geschädigt. – Die Kultur wird davon nicht ausgenommen. Besonders betroffen von den Zerstörungen ist auch das kulturelle Erbe der Ukraine. Aktuell erreichen uns Nachrichten und Hilferufe aus der ostukrainischen Stadt Kharkiv, dass zahlreiche Museen durch direkte Raketentreffer zerstört oder durch die Druckwellen stark beschädigt sind. Die Sammlungsobjekte müssen aus den Häusern vollständig evakuiert werden. Hierfür braucht es Verpackungsmaterial, Transportkapazitäten und Kraftstoff, für deren Sicherstellung vor Ort jedoch oftmals die Kapazitäten fehlen. Mit Ihrer Spende ermöglichen Sie es uns, auf die Hilferufe der ukrainischen Museen zu reagieren und leisten einen wichtigen Beitrag, das Kulturerbe der Ukraine für deren Gesellschaft und die Zeit nach dem Krieg zu retten. Blue Shield Deutschland unterstützt mit seinen Partnern die Kolleginnen und Kollegen in der Ukraine, das dortige Kulturerbe zu sichern. Hierfür sammeln wir erneut Geldspenden, die für den gezielten Kauf der benötigten Materialien oder der Organisation von Transporten genutzt werden. Helfen Sie uns dabei

Spende via Überweisung:
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BIC: BELADEBEXXX
Verwendungszweck: Spendenaktion Ukraine


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Deutschen Nationalkomitees Blue Shield e.V.
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