Offener Brief des VdA an den Bayerischen Staatsminister für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst Dr. Ludwig Spaenle zur Verlegung des StA Würzburg

Sehr geehrter Herr Minister,

wie den Medien zu entnehmen war, plant die bayerische Staatsregierung, das Staatsarchiv für Unterfranken vom Sitz der Bezirksregierung in Würzburg nach Kitzingen zu verlegen.

Der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. als Vertreter der fachlichen Interessen des deutschen Archivwesens verurteilt die geplante Verlegung scharf. Gemäß Artikel 6 Abs. 1 des Bayerischen Archivgesetzes haben alle staatlichen Behörden des Freistaates Bayern alle Unterlagen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht mehr benötigen, dem zuständigen Archiv anzubieten. Im Fall der Bezirksregierung für Unterfranken ist das Staatsarchiv Würzburg zuständig. Durch die geplante Verlegung wird die bestehende enge Zusammenarbeit zwischen der Bezirksregierung und dem Staatsarchiv empfindlich gestört. Durch eine mögliche Verlegung nach Kitzingen sind die Mitarbeiter des Staatsarchivs Würzburg gezwungen, jedes Abstimmungsgespräch mit der Bezirksregierung lange im Voraus zu planen, weil bei jedem Termin in Würzburg die Fahrt dorthin organisiert werden muss. Das führt zu erheblich mehr Aufwand und deutlich höheren Kosten, als wenn das Staatsarchiv in Würzburg ansässig bleibt.

Für den neuen Standort Kitzingen bringt das Staatsarchiv Würzburg, in dem 17 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt sind, kaum Vorteile. Im Gegenteil. Die Arbeitsmarktsituation ist für Archivarinnen und Archivare derzeit sehr gut. Wenigen Absolventen stehen viele unbesetzte Stellen gegenüber. Es ist fraglich, ob es dem Staatsarchiv Würzburg in Kitzingen gelingt, sich gegen Standorte mit vielfältigerem Angebot im Wettbewerb um qualifizierte Archivarinnen und Archivare zu behaupten.

Auch die Zusammenarbeit mit dem Würzburger Wissenschaftsstandort wird durch die geplante Verlegung gefährdet. Während jetzt die Forscher von der Universität schnell und einfach Zugang zum Archivgut haben und ihre Forschungen ohne lange Fahrtwege im Staatsarchiv und den anderen in Würzburg ansässigen Archiven betreiben können, werden sie künftig, wenn die Verlegung realisiert wird, deutlich mehr Organisationsaufwand haben. Es ist fraglich, ob ein so anspruchsvoller Kundenkreis wie die wissenschaftlichen Nutzerinnen und Nutzer des Staatsarchivs Würzburg und die Besucherinnen und Besucher der Veranstaltungen des Staatsarchivs Würzburg bereit sind, den Weg nach Kitzingen auf sich zu nehmen. Mit einem Staatsarchiv, dessen Bestände am neuen Standort kaum genutzt und dessen Veranstaltungen wenig besucht werden, ist auch dem strukturschwachen Kitzingen nicht gedient.

Dem Verband deutscher Archivarinnen und Archivare ist sehr wohl bewusst, dass die Unterbringung des Staatsarchivs Würzburg in der Residenz nicht den Anforderungen an ein fachgerechtes Archivgebäude entspricht. Für die fachgerechte Unterbringung des Staatsarchivs ist aber ein Standort in Würzburg sicher die bessere Wahl als in Kitzingen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihre
Dr. Irmgard Christa Becker

„Was bin ich?“ – Das Berufsbild des Archivars/der Archivarin im 21. Jahrhundert

Zweite Gemeinsame Arbeitssitzung auf dem Deutschen Archivtag 2015

Im gut gefüllten Thoma-Saal diskutierten am Freitagnachmittag in der zweiten gemeinsamen Arbeitssitzung die Referenten mit den anwesenden Kongressteilnehmern über Veränderung in unserem Berufsbild. Die Sitzungsleiterin Katharina Tiemann verwies in ihrem Eröffnungsstatement auf vergangene Archivtage mit ähnlichen Diskussionen über Berufsbildveränderungen und die daraus erwachsenden neuen Anforderungen an uns Archivare bzw. die Archivarausbildung.

Karin Schwarz (Potsdam): Alte Aufgaben – neue Fertigkeiten und Kompetenzen, Archivare im digitalen Zeitalter
 Im ersten Vortrag ging die Dozentin an der Fachhochschule Potsdam der Frage nach „Was bin ich?“ bzw. „Steht das Berufsbild durch Einzug des Digitalen im neuen Licht dar?“ Sie fragte: „Ist unser aktuelles Berufsbild noch geeignet für die digitale Zeit?“

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Zur Diskussion: Überlieferungsbildung bei der Polizei

 

Am Anfang dieses VdA-Blogs stand auch die Überlegung, dass den Archivarinnen und Archivaren in Deutschland die Gelegenheit fehlt, sich im virtuellen Raum angemessen fachlich austauschen zu können. Der Fachdiskurs findet weitgehend über Publikationen und Vorträge statt, zwei Kommunikationsformen, die sich zwar durch Sichtbarkeit und Stabilität auszeichnen, weniger aber durch Austausch und Diskussionsmöglichkeiten. Diese Lücke will das VdA-Blog schließen helfen, in dem Themen präsentiert und diskutiert werden können.

Aus diesem Grund möchte ich an dieser Stelle versuchen, ein spezielles Thema in den Blickpunkt zu rücken, dass mich in meiner alltäglichen Arbeit nun schon etwas länger begleitet, dessen Behandlung aber bisher immer eher introvertiert-intellektuell als diskursiv-kommunikativ stattfand: die Aktualisierung des Archivierungsmodells Polizei des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen. Das Modell stammt bereits aus dem Jahre 2006 und bedarf einerseits wegen veränderter polizeilicher Strukturen, andererseits wegen neu gewonnener Erkenntnisse über Arten und Inhalte des polizeilichen Schriftguts eine gewisse Modernisierung.

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„Corona-Virus-Pandemie“ & Veranstaltungen im deutschen Archivwesen: zur aktuellen Entwicklung

Fulda.  Die „Corona-Virus-Pandemie“ erfasst auch das deutsche Archivwesen. Einige archivfachliche Veranstaltungen mussten bereits kurzfristig abgesagt werden. Die Möglichkeit der Durchführung anderer Fachtagungen und Konferenzen wird vielerorts diskutiert und neu geprüft.

Auf Grund sich schnell verändernder Risikoeinschätzungen zu COVID-19 und dem unsicheren Umgang mit größeren und kleineren Veranstaltungsformaten hier eine Zusammenstellung von relevanten Informationen für das Archivwesen.

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Erneute Ausschreibung der DFG zur Digitalisierung archivalischer Quellen

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) erneuert ihr Förderangebot  zur Digitalisierung archivalischer Quellen. Interessierte Einrichtungen können bis zum 28. Februar 2018 eine Absichtserklärung gegenüber der DFG einreichen und danach bis zum 30. Mai 2018 einen Förderantrag stellen. 

Die DFG möchte durch Digitaliserung die Zugänglichkeit zu archivalischen Quellen verbessern. Foto: International Dunhuang Project

Ziel der Ausschreibung ist laut DFG eine deutliche Verbesserung der Zugänglichkeit zu archivalischen Quellen für die Forschung durch Digitalisierung und zentrale Zusammenführung im Archivportal-D und der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) zu erreichen.Weiterlesen

Wieviel Radfahrerwissen steckt noch in Archiven?

ein Gastbeitrag von Jens Bemme

Das Jubiläum „200 Jahre Fahrrad“ ist eine runde Gelegenheit zu fragen, wieviel altes Radfahrerwissen in Archiven steckt das noch nicht gesucht, gefunden und erneut sichtbar gemacht wurde. Welche Wege gibt es, für dieses Wissen und die Quellen, in denen es steckt und stecken könnte, Neugier zu wecken?

Durch die Digitalisierung historischer Radfahrerbücher entstand in den vergangenen Jahren eine digitale „Sammlung“ von Tourenbüchern, Radfahrerkarten und anderer Radfahrerliteratur. Die Herausgeber und Autoren waren im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts bürgerliche Radfahrer und Vereinsfunktionäre – später auch Arbeiter-Radfahrer bzw. Verlage, die für diese radfahrenden Kunden veröffentlichten. Dabei kann man feststellen: Die regionalen Radfahrerbünde sind weitgehend in Vergessenheit geraten. Auch eine wünschenswerte Übersicht aller historischen Radfahrervereine gibt es noch nicht. Stadt- und Staatsarchive sind dafür mutmaßlich unerschöpfliche Quellen, um die Geschichte des Fahrrads und des Radfahrens auf lokaler und regionaler Geschichte 2017 (und danach) im Detail neu zu erzählen.

Von Interesse für die Familien- und Heimatforschung könnte bspw. das Jahrbuch der deutschen Radfahrervereine 1897 sein. Auf Wikisource wird die OCR der 440 Seiten des Jahrbuchs mit Vereinsadressen, Namen und Berufsbezeichnungen derzeit korrigiert. Hilfe ist willkommen – und Verbindungen zu und mit anderen (digitalen) Quellen erst recht!

Gab es in Ihrem Ort um 1900 einen Radfahrerverein? Ich freue mich auf Ihre Rückmeldung!

Kontakt: Jens Bemme, Dresden – www.jensbemme.de, Twitter: @jeb_140 bzw. @radfahrerwissen